Original Tagesanzeiger-Artikel An der Anti-Feminismus-Tagung wurde angeprangert, dass nur in 0,05 Prozent aller Scheidungen dem Vater das Sorgerecht zugesprochen werde. Stimmt diese Zahl? Es trifft zu, dass das alleinige Sorgerecht einem Vater nur in ganz bestimmten Situationen zugesprochen wird. In welchen Situationen? Wenn die Mutter beispielsweise ins Ausland zieht und den Kindern ein Umzug nicht zuzumuten ist. Oder wenn die Mutter suchtkrank ist oder an einer schweren psychischen Störung leidet. Kommt es in der Praxis häufig vor, dass der Vater das alleinige Sorgerecht ausüben will? Nein, das ist selten. Es kann aber durchaus zu einer Zuteilung an den Vater kommen, wenn das Kind sich selbst für den Vater entscheidet. Doch muss dann abgeklärt werden, ob der Vater die Voraussetzungen für eine elterliche Sorge erfüllt, wie und wann er sich um das Kind gekümmert hat und was seine Motive sind, es weiterzutun. Wird das bei der Mutter ebenso gewissenhaft abgeklärt? Ja, auf jeden Fall. Der Vater kann auch einen Abklärungsantrag stellen. Seit zehn Jahren ist es möglich, das gemeinsame Sorgerecht zu erhalten. Wird das häufig verlangt? Die gemeinsame elterliche Sorge ist heute viel verbreiteter als noch vor drei bis vier Jahren. Von den jüngeren Eltern wünschen das 30 bis 50 Prozent. Und funktioniert es denn auch? In der Regel scheint es zu funktionieren. Es kommt aber schon auch vor, dass das Zerwürfnis zwischen den Eltern derart tief sitzt, dass ein Gespräch über die Besuchsausübung oder die Bedürfnisse der Kinder in der Freizeit jedes Mal in einen Konflikt ausartet. Ohne Vertrauen, dass der andere Elternteil es vielleicht anders, aber auch gut macht, klappt die gemeinsame elterliche Sorge nicht. Doch wenn die Mütter nicht einwilligen, hat der Mann keine Chance. Haben die Frauen bei Scheidungen nicht die besseren Karten? Das stimmt so pointiert nicht; es kommt immer auf die individuelle Situation an. In den allermeisten Fällen hat sich die Frau gemäss der Rollenverteilung hauptsächlich um die Kinder gekümmert. Dann haben die Frauen natürlich die besseren Karten, denn weshalb soll diese Aufteilung nach der Scheidung ändern? Bei Paaren, welche schon bisher die Kinder gemeinsam betreuten, bevorzugt das Gericht nach meiner Erfahrung keinen Elternteil, sondern richtet sich ausschliesslich nach dem Kindswohl. Ich habe selbst noch keinen Fall erlebt, in dem ich der Meinung war, dass das Gericht das Kind falsch platziert hat. Und welche Rolle spielt das Geld? Oft hört man, dass der Mann so viel bezahlen muss, dass er kaum mehr genug zum Leben habe – geschweige denn eine neue Beziehung eingehen kann. Auch hier darf man nicht pauschalisieren. Was stimmt: Das Gericht achtet sehr darauf, dass die Frau nicht in Notstand kommt. Das Bundesgericht hat aber festgehalten, dass der Mann nie unter das Existenzminimum fällt. Er läuft also – im Unterschied zur Frau – nicht Gefahr, von der Fürsorge abhängig zu werden. Dass es aber finanziell eng werden kann, wenn er eine neue Familie gründen will, trifft durchaus zu. * Rechtsanwältin Heidi Frick ist bei der Zentralstelle für Ehe- und Familienberatung Zürich tätig.
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Kommentar VeV Schweiz Frau Rechtsanwältin Frick hat wohl schon lange keine Männer mehr vertreten. Oder vielleicht tut sie das ja auch aus Prinzip nicht. Jedenfalls sind ihre Thesen dermassen abgehoben und weltfremd, dass man sich schon fragen muss, woher sie ihr Wissen bezieht.
Väter die das alleinige Sorgerecht beantragen werden von unseren Gerichten regelmässig abgestraft, man wirft ihnen mangelnde Kooperationsbereitschaft vor und noch schlimmere Dinge. Ausserdem möchten die meisten Männer nicht das alleinige Sorgerecht, sondern eben das gemeinsame, weil sie sich aus der Arbeitswelt längst gewohnt sind, Dinge gemeinsam zu erledigen und schon lange verstanden haben, dass es so am besten geht. Regelmässig verweigern dann aber Mütter die Kooperation was mit absoluter Verlässlichkeit dazu führt, dass schlussendlich die Mutter das alleinige Sorgerecht erhält, genau wie ihr Anwalt (oder ihre Anwältin?) es auch vorausgesagt hat. Unser System ist heute so ausgelegt, dass es keine Rolle spielt, ob der Vater sich einbringen möchte oder nicht – entscheidend ist, was die Mutter will. Diese These lässt sich hundertfach beweisen.
Es ist ausserdem schon fast eine Frechheit, zu fordern, dass ein Vater detailliert abgeklärt werden müsse, bevor man ihm die Kinder zuteile. Das bedeutet nicht weniger, als dass Männer grundsätzlich für unfähig gehalten werden, Kinder zu betreuen. Frau Frick behauptet zwar, dass auch Mütter abgeklärt würden, dass dies aber in der überwiegenden Mehrheit der Fälle vom Gericht abgelehnt wird, weiss sie sicherlich auch.
Leider ist es nach wie vor so, dass Anwälte und Anwältinnen den Streit häufig schüren, statt dafür zu sorgen, dass die Eltern zusammen eine tragfähige Lösung finden. Provozierende Aussagen wie diejenige von Frau Frick gehören für mich in die Kategorie Kriegsgeschrei und sollten in einer ernsthaften Diskussion nichts zu suchen haben.
Antifeminismus ist nicht der richtige Weg, sowenig wie Feminismus der richtige Weg ist. Erst wenn wir lernen und verstehen, dass wir die Dinge gemeinsam anpacken müssen, werden wir einen Schritt vorwärts machen.
Vermutlich werden nicht Alle zu diesem Schritt fähig sein.
Oliver Hunziker Präsident VeV Schweiz
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Kommentar Max Peter, Mediator, Bülach Endlich Normalität schaffen! Man muss nicht an der Anti-Feminismus-Tagung teilgenommen haben, um sich über das Interview mit Frau Rechtsanwältin Frick gehörig zu ärgern. Sorgerechtsfragen lassen sich nicht einseitig aus juristischer Sicht beantworten, sondern müssen fachübergreifend diskutiert werden.Gänzlich unhaltbar ist die Aussage, dass es durchaus zu einer Zuteilung an den Vater kommen könne, wenn „das Kind sich selbst für den Vater entscheidet“. Kinder dürfen niemals in die Rolle gedrängt werden, sich für – und damit zugleich gegen – einen Elternteil zu entscheiden! Sie haben ein Recht darauf, auch im Scheidungskampf in ihrer Kinderrolle zu verbleiben und nicht zu ‚Kronzeugen‘ gemacht zu werden. Aus den gleichen Überlegungen halte ich nicht viel von Kinderanhörungen durch RichterInnen, GutachterInnen usw., wenn solche nicht in eine Therapie oder in einen längeren Kontakt eingebunden sind.
Ich meine, es sei unsere vorrangige Pflicht, zerstrittenen Eltern beizustehen und sie in ihrer elterlichen Kompetenz zu stärken, damit sie die Bedürfnisse ihrer Kinder wieder erkennen und sich für deren optimale Weiterentwicklung gemeinsam einsetzen können. Das ist erfahrungsgemäss selbst da möglich, wo partnerschaftliche Zerwürfnisse bestehen bleiben.Die Kooperationsbereitschaft zerstrittener Eltern wird stark von den jeweiligen gesellschaftlichen Normen und Werten mitbestimmt. Gilt es dereinst als völlig normal, dass Kinder nach der Scheidung gemeinsam umsorgt werden, wird dies auch für die meisten Eltern, die voneinander gehen, zur Normalität und damit zur Selbstverständlichkeit werden. Wir sollten dafür einstehen, dass geschiedene Eltern und ihre Kinder diese Normalität möglichst bald leben können. Zum Wohle der Kinder, Mütter und Väter sowie zur Entlastung von Gerichten, Behörden, Amtsstellen und JuristInnen. Max PeterFamilienmediator SVM/SDM
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