(c) Basler Zeitung 26. Mai 2011. Von Andrea Elisabeth Knellwolf
Die hierzulande gültigen Regelungen, wonach ein unverheirateter Vater ohne Zustimmung der Mutter kein Sorgerecht über gemeinsame Kinder hat oder bei Scheidungen dieses von Gerichten gar nicht näher geprüft wird, wenn die Mutter Widerstand signalisiert, führen oft zur traumatischen Entfremdung zwischen Vätern und ihren Kindern und verstossen gegen die Menschenrechtskonvention. Hierüber herrscht Einigkeit, und die notwendige Revision des Zivilgesetzbuches wurde durch ein breit abgestütztes Postulat von CVP-Nationalrat Reto Wehrli 2005 eingeleitet.
Die Schweizer Justizministerin, Bundesrätin Simonetta Sommaruga, hatte noch im Januar dieses Jahres für eine Schrecksekunde gesorgt, als sie ankündigte, die ausgearbeitete Vorlage zurückzunehmen, um sie mit einer Überarbeitung des Unterhaltsrechts zu ergänzen. Es ist ihr positiv anzurechnen, dass sie sich nach dem verzweifelten Aufschrei von Väterorganisationen gegen die Verzögerung der Sorgerechtsvorlage jetzt offen zeigt für das Anliegen, die neue Sorgerechtsregelung rasch vor das Parlament zu bringen.
Sicher kann es nicht angehen, dass Väter ihrer Unterhaltspflicht nicht korrekt nachkommen oder dass es in der Regel stets die Frau ist, die nach einer Scheidung den Gang zum Sozialamt antreten muss. Daher ist gegen die baldige Überarbeitung des Unterhaltsrechts nichts einzuwenden.
Den Exponentinnen von linken Parteien und Frauenorganisationen kann vielleicht sogar ein gewisses Verständnis entgegengebracht werden, wenn sie argumentieren, dass die Gleichstellung der Männer in Bezug auf die Sorgerechtsregelung keine Priorität habe, solange die Gleichstellung der Frau in den übrigen Bereichen noch immer nicht umgesetzt sei.
Das Grundbedürfnis nach einer gelebten Eltern-Kind-Beziehung ist zu wertvoll, um hier den Geschlechterkampf auszutragen.
Die in den letzten Jahren entstandene Antifeminismus-Bewegung zeigt jedoch, wie hoch der Leidensdruck ist und wie entsprechend einfach die Besetzung dieses komplexen sowie emotionsgeladenen Themas mit populistischen Schlagwörtern geworden ist. Das Grundbedürfnis nach einer gelebten Eltern-Kind-Beziehung ist jedoch zu elementar und zu wertvoll für unsere Gesellschaft, als dass auf diesem Parkett der Geschlechterkampf ausgetragen werden darf.
Vielmehr braucht es nun dringend gesetzliche Grundlagen, die den Parteien wenigstens im Grundsatz die Voraussetzung bieten, eine für ihre Situation partnerschaftliche, tragfähige und verbindliche Vereinbarung zu schliessen. Gefordert sind aber auch die zuständigen Gerichte und Behörden, wenn es dann darum geht, dem partnerschaftlichen Gedanken zur Durchsetzung zu verhelfen.
Wir sollten nicht mehr länger von einer Unterhaltspflicht des Vaters und einem Sorgerecht der Mutter sprechen, sondern von der gemeinsamen Sorge- und Unterhaltspflicht für das gemeinsame Kind.

Andrea Elisabeth Knellwolf (CVP, BS) ist Rechtsanwältin und leitet den Bereich Mitarbeiterbeziehungen bei Novartis. Sie ist Verwaltungsrätin der Suva und Mitglied des Exekutivrates der Basler Sozialkonferenz